
Die Zeit ist hin
Ort – Paula Modersohn-Becker Museum, Bremen
Material – Kalenderblätter
Größe – 60cm x 60cm x 426cm
Details – 400kg gefundene Kalenderblätter, sortiert
Foto – Johanna Ahlert
Jahr – 2014 / 2015
Für das dortige Paula Modersohn-Becker Museum entwickelt Franziska Keller gezielt für die eigentümlichen Räume des ursprünglich von dem expressiven Architekten und Bildhauer Bernhard Hoetger entworfenen Ausstellungshauses ein vielfältiges Arrangement. Die Auseinandersetzung Kellers mit den plastisch geformten Hoetger-Bauten der Böttcherstraße und mit den wegbereitendenden, symbolstarken Malereien Paula Modersohn-Beckers regt einen Dialog zwischen Objekten, Materie, Zeit und den Besucher*innen an.
„Der Raum bestimmt und definiert die Dinge.“, beschreibt die Künstlerin ihre Vorgehensweise im ausstellungsbegleitenden Katalog. „Abhängig vom Raum ist die Bedeutung eines Dings. Der Raum ist Vorgabe für die Arbeit. Der Raum führt die Dinge in eine Absurdität, abstrahiert weiter und stellt immer wieder alles in Frage.“
(Franziska Keller im Gespräch mit Katharina Groth, 30.9.2014, in: Ausstellungskatalog Franziska Keller, „Hier steh ich nun…“, Museen Böttcherstraße, Bremen 2014, S. 26)
Von Wand zu Wand spannt Keller dort scheinbar schwerelos eine rhythmisierte Linie. Ausgehend von 400 kg gefundenem und angeeignetem Papier von alten Jahreskalendern ordnet sie die Blätter der Installation „Die Zeit ist hin“ so an, das die Kanten der abgelaufenen Wand-, Tisch- und Taschenalmanache nicht nur die Schwerelosigkeit der bereits entsorgten Vergangenheit in der Gegenwart materialisieren, sondern sie verräumlicht auch Sprache. Die Papier-Linie zeichnet eine von ihr eingesprochene Audiospur nach: „Hier steh‘ ich nun und schaue bang zurück; Vorüberrinnt auch dieser Augenblick“. Diese Zeilen aus dem Jahr 1852 stammen von dem schleswig-holsteinischen Dichter Theodor Storm und können auch als Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, der in Flensburg geborenen und aufgewachsenen Künstlerin verstanden werden.
Text von Katharina Groth